Airport Berlin Brandenburg

Vorfeldentwässerung mit BACnet: kostengünstig und ausfallsicher

Mit einer ausgedehnten Infrastruktur managt der Flughafen Berlin Brandenburg auf einer Fläche von knapp 1.500 Hektar das Niederschlagswasser. Um die Kosten im Prozessnetz Vorfeldentwässerung zu senken und das System ausfallsicherer zu gestalten, setzen die Betreiber auf Gateways der MBS GmbH.

Am Standort Schönefeld entsteht zurzeit der neue Airport Berlin Brandenburg, der künftig den gesamten Luftverkehr der deutschen Hauptstadt abwickeln wird. Dafür wurde seine Fläche um fast 1.000 Hektar erweitert, was im Ergebnis rund 2.000 Fußballfeldern entspricht. Ein umfangreiches Kanalisationsnetz mit Pumpwerken, Rückhaltebecken sowie Behandlungsanlagen sorgt dafür, dass das Niederschlagswasser gesammelt, behandelt und abgeleitet wird.

Im Prozessnetz Vorfeldentwässerung werden Daten von großer Relevanz erhoben. So werden starke Regenfälle genau beobachtet. Außerdem wird fortlaufend gemessen, wie stark das Oberflächenwasser mit TOC (Total Organic Carbon) belastet ist, um diese Informationen regelmäßig an die Umweltbehörden zu übermitteln.

Mit BACnet Abläufe vereinfachen

Technisch basiert das Prozessnetz auf dem Siemens-Automatisierungssystem Simatic S7-300 SPS mit Industrie-Standard Profinet (Process Field Network) und Feldbus-Standard Profibus. Die S7-300 sollte nicht ersetzt werden, da sie als zuverlässiger Controller stabil arbeitet. Die Daten sammelte ein OPC-Server, der sie an ein SCADA-System übergab. Nun stand ein Upgrade der Windows-Server an, das zudem ein Update des SCADA-Servers notwendig gemacht hätte.

Um hier Kosten zu senken, wollte Gunnar Hemmerling, Ingenieur für Gebäudeautomation am Flughafen Schönefeld, das Automatisierungssystem auf das Kommunikationsprotokoll BACnet (Building Automation and Control Networks) umstellen. Die Vorfeldentwässerung war bis dato die einzige Automationsebene des Flughafens ohne BACnet. BACnet ist jedoch der Schlüssel für die Vereinfachung und Vereinheitlichung der verschiedensten Stakeholder am Flughafen. In der Leitstelle Technik waren bis vor kurzem 12 unterschiedliche GLT-Systeme mit unterschiedlichen Bussystemen angeschlossen. An einer Digitalisierung in dieser heterogenen Ausführung war nicht zu denken. Daher gab sich der Flughafen einen BACnet Werkstandard und setzte sich als Ziel, nur noch 2 GLT-Systeme zukünftig in der Leitstelle zu nutzen.

 Aufwände reduzieren

In der Gebäudeautomation des Airports hat sich BACnet bereits vielfach bewährt. Dabei profitiert der Betreiber, die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH FBB, nicht nur von der Integrationsleistung des BACnet-Protokolls. Hinzu kommt die Aufwandsersparnis, wenn man die Geräte über die vorhandene IT vernetzt, anstatt sie zu verdrahten. Hemmerling: „BACnet bietet Unabhängigkeit, wenn es um IT-Sicherheit geht, plus größeren Handlungsspielraum bei Datenmanagement und -verwertung.“

Aufgrund seiner guten Erfahrungen mit den Gateways der MBS GmbH schaffte Hemmerling nach einem ausführlichen Gespräch mit den Krefelder BACnet-Experten für die 13 Pumpwerke das Double-X I Universal Gateway Profinet mit 1.000 Datenpunkten an. Es dient als Kommunikationsschnittstelle zwischen verschiedenen Busprotokollen. Mit einem integrierten Protokoll-Hardware-Adapter setzt es den Profinet-Standard in das offene Busprotokoll BACnet um.

Gateways als Kommunikationsschnittstellen

Die Konfiguration erfolgt mit Textdateien, die mit einem integrierten Webserver via Browser auf das Gateway übertragen und dort permanent gespeichert werden. „Unsere Produkte lassen sich flexibel an veränderte Anforderungen anpassen“, betont Nils-Gunnar Fritz, Geschäftsführer der MBS GmbH. „Die Firmware des verwendeten Mikroprozessors wird zudem gerade aktualisiert, sodass via Speicher-Multiplexing zukünftig noch mehr Datenpunkte abgebildet werden können.“

Pumpwerk für Pumpwerk wurde bei laufendem Betrieb 2018/2019 das Prozessnetz auf BACnet umgestellt. Dabei spielte dem Technik-Team in die Hände, dass der neue Abteilungsleiter für Gebäudeautomation und Leitstellentechnik eine leistungsfähige BACnet-MBE (Management-Bedien-Einrichtung) anschaffte, enteliWEB von Delta Controls. Sie ist webbasiert und kombiniert eine Visualisierungsoberfläche mit einem leicht zu bedienenden Energie-Management-Werkzeug. Zudem gibt es eine automatisierte Schnittstelle zum Ticketsystem in der Leitstelle, so dass die digitalen Daten über BACnet von den Automationsstationen nun direkt auf ein Tablet der Werkstattmitarbeiter kommen, um schnell Betrieb und Entstörung zu managen. Hemmerling: „Das war für uns ein großer Ansporn: Während das BACnet-fähige Prozessnetz Abwasser schon auf die enteliWEB umgesetzt wurde, mussten wir für die Vorfeldentwässerung die S7-300 zunächst auf BACnet bringen, das Prozessnetz entsprechend einrichten und mit Datenpunkten versorgen.“

Interoperabilität für größere Produktauswahl

Dabei erwies sich die Masse von 7.000 Datenpunkten allein für die Vorfeldentwässerung zunächst als Hemmschuh. „Bei der Arbeit mit Profinet liegt die Herausforderung darin, die Reihenfolge peinlich genau zu beachten“, erzählt Techniker Sven Nachtigall. „Gibt es nur einen einzigen Fehler, muss man unter Umständen komplett neu beginnen.“ Für dieses Vorgehen entschied sich schließlich auch Nachtigall. Nachdem die Kopplung dann gelungen war, wurden BACnet-Objekte, -Properties und Trendlogs angelegt und der BACnet-Werkstandard umgesetzt. Schließlich wurden in der neuen MBE zügig die alten Anlagenbilder nachgebaut.

Nun besteht das Prozessnetz Vorfeldentwässerung einerseits aus der Siemens S7-300, die der Automationsebene die notwendige Stabilität bringt, andererseits aus der leistungsfähigen MBE enteliWEB von Delta Controls. Als Schnittstelle bringt das Double-X I Universal Gateway Profinet alle Vorteile, die die BACnet-Welt der Gebäudeautomation bietet. „Durch ihre Interoperabilität stellen uns BACnet und die MBS-Produkte eine große Produkt-Diversität zur Verfügung“, freut sich Hemmerling.

Kosten halbiert

Außerdem läuft die Datenkommunikation jetzt wesentlich unkomplizierter. Neue Datenpunkte werden nicht mehr im SCADA-System ergänzt, sondern im Gateway eingerichtet, auf BACnet/IP umgesetzt und ohne Umwege in der enteliWEB mit einem aktualisierten Anlagenbild gespeichert. Sollte die Kommunikation einmal stocken, gibt es nur noch eine einzige Schnittstelle – die Kopplung S7-300 / Universal Gateway, die sich direkt überprüfen lässt. Gab es früher Netzwerkausfälle, so waren die wichtigen Daten verloren. Heute holt sich in einem solchen Fall die enteliWEB automatisch ihren Input aus dem Gateway, das Trendlog-Daten in einem Puffer vorhält und zur Verfügung stellt, sobald das Netzwerk wieder aktiv ist.

Und auch hinsichtlich der Kosten ist das Projekt mehr als zufriedenstellend, denn der Preis für das SCADA-Update hätte den Aufwand für die Anschaffung der Gateways weit überschritten. „Im Vergleich zu den voraussichtlichen Kosten, die mit unserer alten Lösung angefallen wären, haben wir 50 Prozent eingespart“, rechnet Hemmerling vor. Gleichzeitig gibt es jetzt eine vereinheitlichte Infrastruktur, die gegebenenfalls unkompliziert erweitern werden kann.